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Deutsch lernen durch kreatives Schreiben – Ein Buchprojekt entsteht

Zurzeit erarbeiten Kinder in der Mainzer Gemeinschaftsunterkunft Zwerchallee unter der Leitung von Pascal Peifer ein Buchprojekt. Die Pandemie-Beschränkungen erschweren zwar die kontinuierliche gemeinsame Arbeit, doch die Planungen schreiten weiter voran.

Der Bär mit der verlorenen Zahnbürste
Der Bär sucht nach seiner Zahnbürste, die vor 2 Wochen verloren war und wusste nicht wo die ist und hat das komplette Haus durchwühlt und hat sie nicht gefunden. Der Bär war sehr traurig und hatte Tränen im Auge…

Yousef

So beginnt Yousefs Kurzgeschichte. Wer sich fragt, wie der Bär sein Problem wohl löst, muss sich auf einige überraschende Wendungen gefasst machen. Denn der Kreativität der schriftstellerischen Arbeiten sind keine Grenzen gesetzt. In einem Kontext, der keine klar vorgegebenen Richtlinien vorgibt, sondern jegliche individuelle Gestaltung erlaubt (ob es nun die Inhalte der Geschichte sind, die Länge, die Stimmung in der Geschichte oder ob die Geschichte im Sitzen, im Liegen oder im Stehen geschrieben wird), erarbeiten Kinder zurzeit in der Mainzer Gemeinschaftsunterkunft Zwerchallee ein Buchprojekt. Die Pandemie-Beschränkungen erschweren zwar die kontinuierliche gemeinsame Arbeit, doch die Planungen schreiten weiter voran.

Die Idee entstand zufällig im Zusatz-Deutschunterricht unter der Leitung von Pascal Peifer. Um die Kinder nicht nach sechs Stunden Schule und anschließender zwei-stündigen Hausaufgabenbetreuung nochmal mit Schulstoff zu konfrontieren, hatte Pascal die Idee, jede Woche drei Überraschungsgegenstände mitzubringen. Er bat die Kinder darum, mithilfe dieser Gegenstände Fantasiegeschichten zu schreiben. Was passiert ist: Kaum zuvor habe er die Kinder so ruhig und vertieft in ihr eigenes Schaffen gesehen.

Die dadurch entstehenden unglaublich witzigen, schönen, stimmungsvollen, vielleicht manchmal auch traurigen Kurzgeschichten zeigen die Fantasie von jungen Menschen aus unterschiedlichen Ländern, mit völlig unterschiedlichen Hintergründen, mit unterschiedlichen Fluchterfahrungen. Sie zeigen ihr Bild von der Welt, zeigen Dinge auf, die sie verarbeiten. Sie zeugen von der Kreativität von Kindern, die es schön finden, zu schreiben.
Das Potential, das aus dieser Situation entstand, soll nun genutzt werden. Pascal ist sich sicher: „Die Geschichten sind viel zu schade, um sie nicht in die Öffentlichkeit zu tragen.“ Sie werden nun gesammelt, einander vorgelesen, gemeinsam überarbeitet und illustriert. Das Ziel ist die gemeinsame Publikation.

Pascal ist es wichtig, dass den Kindern die Plattform geschaffen wird, ein ‚echtes Buch‘ damit zu füllen; und nicht etwa ein kleines, selbst gedrucktes Heftchen. Die Talente der Kinder sollen ernst genommen werden. Der Prozess des schriftstellerischen Schaffens – über die Gestaltung des Buchs in Absprache mit einem Verlag bis hin zur Produktion, der Bewerbung und öffentlichen Lesungen – all das sollen die jungen Künstler*innen erleben. Konkrete Schritte sind bereits in die Wege geleitet worden: Das Buch wird im Papierfresserchens MTM-Verlag erschienen und wird durch den Förderverein Soroptimist Mainz unterstützt.

Dieser Prozess birgt eine Fülle an Chancen: Das Fördern von kreativem Schreiben, das spielerische Verbessern von Orthographie, Schriftbild und die Erweiterung des deutschen Wortschatzes sowie der Ausdrucksfähigkeit und somit das Abbauen von Sprachbarrieren. Auch die Umsetzung von zeichnerischem Potential wird ermöglicht. Das Hinarbeiten auf ein gemeinsames, konkretes Ziel und somit das Aufzeigen von Fähigkeiten fördern Kompetenzen zur Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein und das Gefühl, dazu in der Lage zu sein, gemeinsam etwas zu schaffen, worauf man stolz sein kann und wofür man Anerkennung erhält.

Junge und erwachsene Leser*innen können sich durch das Buch mit Narrativen auseinandersetzen, die überraschend frisch wirken. Wer sich darauf einlässt, lernt spannende narrative Wendungen kennen, staunt mal über die Leichtigkeit und mal über die Tiefe des Erzählstils, lacht über den Witz der Charaktere und gewinnt einen Einblick in das Weltverständnis von Kindern mit Fluchterfahrung.

Nicht zuletzt vermittelt das Projekt die Botschaft, dass es Spaß macht, nach eigenen verborgenen Talenten zu suchen und damit Träume zu verwirklichen – egal, wie alt man ist.

Wie der Bär es schafft, trotz seiner Traurigkeit am Ende mit dem Zahnbürsten-Dieb in Frieden einen Tee zu trinken, könnt ihr bald im Buch nachlesen. Bis dahin gibt’s bereits jetzt Neuigkeiten zum Projekt auf dem Instagram-Account @banane_und_baer.